Nun haben wir uns mit dem Flatcoated Retriever ja sehenden Auges und zum wiederholten Mal für einen Jagdhund entschieden, bei dem spezielles Instinktverhalten (stereotypes Verhalten, dass auf bestimmte Reize erfolgt) durch Zucht gefördert wird. Die vielen Jagdhundrassen lassen nach ihren Aufgaben bei der Jagd klassifizieren, so gibt es Erdhunde, Stöberer, Apportierer, Schweißhunde, Jagende Hunde und Vorstehhunde. Bei der Zucht dieser Rassen werden sowohl körperliche Eigenschaften als auch bestimmte Verhaltensweisen, die dem Jagdeinsatz förderlich sind, selektiert.

Die Apportierer, zu denen auch der Flatcoated Retriever gehört, sollen nach dem Schuss des Jägers selbständig die Beute suchen und zum Jäger bringen. Dazu sind das wasserabweisende, dichte Fell und die Schwimmhäute zwischen den Zehen (echt!) sehr hifreich, wenn es sich um eine Entenjagd handelt, die Körpergröße erlaubt aber auch den Apport von größeren Beutetieren wie Füchsen. Und vor allem muss der Hund auch apportieren wollen! Das will er natürlich nicht zufällig, sondern genetisch bedingt: Hunde sind ihrer Natur nach im Rudelverband jagende Beutegreifer, die tun also das, was die Evolution als Optimum für sie hergab. Das Aufnehmen und Wegtragen von kleineren Beutetieren ist eine natürliche Verhaltensweise, die für die Versorgung des Rudels nötig ist, genauso wie eben das Aufspüren von Beute und das Fangen und Töten von Beutetieren. Bei den Apportierern wurde das Töten der Beute nicht selektiert, das Aufnehmen der Beute umso mehr… an Indie sieht man, dass die genetische Ausstattung für „Beute machen wollen“ in vollem Umfang vorhanden ist 😉

Jetzt besteht die Kunst der Hundeerziehung darin, dass der Hund nicht alles erbeutet, was seiner Meinung nach von Wert ist, und außerdem wäre es auch noch ganz gut, wenn man Hündchen beibiegen könnte, das Zeug auch schön beim Chef abzugeben… und dann sind die nicht selektierten Eigenschaften ja nicht gänzlich weggezüchtet: Totschütteln ist eine Instinkthandlung, die jeder Hund beherrscht – primäres Erziehungsziel in dieser Hinsicht: Nein, das darf man mit Nachbars Miezi nicht machen!

Zum Glück gibt es jede Menge Erziehungsratgeber für Neuhundebesitzer (meine liebste Informationsquelle ist ja der Krawallmausblog…) und klar, lerntheoretisch betrachtet muss ich viel Zeit mit meinem Hündchen verbringen, mit ihm viel erleben, eine enge Bindung aufbauen und ihm vor allem vermitteln, dass ich seine Bedürfnisse im Blick habe und er sich auf mich verlassen kann. Dann gelingt es mir hoffentlich, seine Instinkthandlungen in vernünftige Bahnen zu lenken.

Das heisst im Klartext: Wenn ich Hündchen den ganzen Tag allein lassen muss, abends die immer gleiche Runde drehe, ihn danach ins Körbchen schicke, weil ich ihn Ruhe Tatort schauen will und ihn für Kontaktaufnahmeversuche bestrafe, wird das nix. Wenn man dagegen einfach den gesunden Menschenverstand einsetzt und sein Hündchen gern hat, sind die oben genannten Bedingungen auch keine Einschränkung! Da ist es ziemlich zweitrangig, welcher Hundeerziehungsphilosophie man anhängt, um seinem Hund Sitz und Platz beizubringen… außer natürlich, man steht auf Kadavergehorsam, der mit Strafen und Zwang erreicht werden soll, oder auf diesen Alpha-Käse, dann ist es nicht egal, aber dann kann man ja auch nicht von Erziehung sprechen 😉

Ach, der Alpha-Käse:

Unter unseren Hunden sollte das ja eigentlich geklärt sein. Natürlich ist Nero der Chef, und das akzeptiert Indie natürlich. Und solange sie das tut und erkennt, wann der Spaß ein Loch hat, darf sie den ganzen vermeintlichen Alpha-Kram wie Spiele anzetteln oder Schlafplatz aussuchen nach Herzenslust machen. Nero steht da souverän drüber und faltet sich dann auch gern mal ins Welpenkörbchen, wenn sein Bett schon besetzt ist… Davon könnte sich so mancher menschliche Einfach-mal-Macht-Demonstrierer ’ne dicke Scheibe abschneiden!